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WERTEAUSTAUSCH IN FREUNDSCHAFTS- UND ROMANTISCHEN LIEBESBEZIEHUNGEN
Ohne werterzeugende gegenseitige Beeinflussung haben zwei Menschen wenig direkten Wert füreinander - zumindest nicht mehr Wert als zwei beliebige Menschen Wert füreinander haben mögen. Wertvolle menschliche Beziehungen entfalten sich, wenn zwei Menschen einander positive, objektive Werte geben. An diesem Geben und Nehmen von Werten bemißt sich der Wert einer Beziehung.
Abgesehen vom inneren Wert menschlichen Lebens, den alle Menschen haben, stellt ein Mensch für andere noch keinen Wert dar, bloß weil er existiert. Viel mehr muß ein Mensch begehrte Werte geben, um ein Wert für andere zu sein. Und er muß fortfahren, Werte zu geben, um ein bleibender Wert zu sein. Darüber hinaus muß er fortfahren, neue Werte den vorhandenen hinzuzufügen, um Wertwachstum in sich selbst und in der Beziehung zu erfahren. Wertwachstum ist ein selbstgeschaffener, pyramidenartiger Prozeß, der dauerndes rationales Denken und ständiges Bemühen zu seiner Entfaltung fordert. Dieser Wachstumsprozeß ist der Wesensinhalt des menschlichen Daseins, denn Wertewachstum erfüllt die Bedürfnisse des Lebens und verschafft die hauptsächlichen Lebensgewinne - Wohlergehen, romantische Liebe, Glück.
Das Leben voll auszukosten und Wertwachstum zu fördern, verlangt kontinuierliches Denken und Bemühen. Die Notwendigkeit des Wertwachstums ist keine philosophische Theorie oder Ethik. Diese Notwendigkeit ist ein integraler Teil der Realität: Des ständigen Wertwachstums bedarf es zur einwandfreien Funktion des bewußten Organismus. Ein Mensch begeht einen verhängnisvollen Irrtum, wenn er sich entschließt, rationales Denken und Bemühen nicht mehr voranzutreiben, das notwenig ist, marktfähige Nettowerte im Interesse dauernden Wachstums zu erzeugen.
Tragischerweise ziehen die meisten Menschen es vor, schon bald im Leben ihr Wachstum einzustellen. Viele hören schon auf, sobald sie die Mühe überstanden haben, lesen und schreiben zu lernen. Manche wollen sich sogar dieser Anstrengung entziehen. Wenn sie aufhören, sich zu entwickeln, nimmt die Qualität ihres Lebens bis zum physischen Tod hin ab. Ohne dieses Wachstum kann man kein bleibendes Wohlergehen, Glück und keine dauernden psychischen Freuden erleben.
Wachstumstod ist eine große, unnötige Tragödie. Wachstumstod braucht aber niemandem zu widerfahren, niemandem ist er als unvermeidlich auferlegt. Wachstumstod findet nur dann statt, wenn der oder die Betroffene dem rationalen Denken und Bemühen aus dem Wege gehen will, das erforderlich ist, Nettowerte zu schaffen und anderen zugängig zu machen. Wenn Wachstumstod eintritt, dann hören alle wertbezogenen Freundschaft- und Liebesbeziehungen auf zu wachsen und beginnen stattdessen abzusterben.
Romantische Liebesbeziehungen sowie Freundschaften können tiefe psychologische, philosophische und kommunikative Wechselwirkungen in sich schließen. Die kennzeichnende Charakteristik einer romantischen Liebesbeziehung ist jedoch die körperlich sexuelle gegenseitige Anteilnahme, die ihrerseits körperliche und seelische Vertrautheit schafft, wie sie in jeder anderen Art menschlicher Beziehung unerreichbar ist. Diese einzigartige körperlich-seelische Intensität kann zu wachsenden psychischen Freuden führen.
Freundschaft ist ein erforderlicher Wesensbestandteil romantischer Liebe. Ohne Freundschaft gibt es keine Basis für romantische Liebe. Eine romantische Liebesbeziehung beinhaltet alle Wesensmerkmale einer wertorientierten Freundschaft zuzüglich dem Bestandteil des Sex.[ 77 ] Romantische Liebe ist die intimste, wertvollste und gewinnreichste aller menschlichen Beziehungen.
Freundschaften können vertrauter und umfassender sein als jede andere menschliche Beziehung, mit Ausnahme der romantischen Liebe.[ 78 ] Wenngleich tiefe Freundschaften reiche emotionale Gewinne bringen, gibt es keine Beziehung, die die intensive Freude und das Glück einer romantischen Liebesbeziehung vermittelt.
Wenn Freundschaftswerte auch nicht unterschätzt werden sollten, sollten sie aber auch nicht überbewertet werden. Man kann allein durch romantische Liebe unbegrenzte psychische Freuden und unbegrenztes Glück erleben, ohne neben seinem Liebespartner auch nur einen einzigen Freund haben zu müssen. Freundschaft allein aber, ungeachtet wie wertvoll und weitreichend sie ist, kann niemals das volle Wertespektrum geben, das romantische Liebe in sich birgt.
Zu einem vollkommen gedeihlichen, glücklichen Leben sind nur zwei Voraussetzungen erforderlich:
Nur durch produktive Arbeit kann ein Mensch dauerhaft Wohlergehen, Selbstachtung, Glück und romantische Liebe erreichen. Mit romantischer Liebe kann man zusätzlich die intensivste Form menschlicher Freude erfahren. Aber produktive Arbeit ist das Grunderfordernis aller menschlichen Werte. Und romantische Liebe und psychische Freuden sind die Belohnung für das Erreichen dieser Werte. Man kann ohne romantische Liebe aber Selbstachtung, Glück und produktive Arbeit haben.
Freundschaft kann große Werte, freudige Erfahrungen und Erlebnisse bringen. Freundschaften, auch gute Freundschaften, können in gewissen Fällen aber auch wertvolle Zeit kosten, die für hochgerichtete Geschäftstätigkeit, Kreativität und Erfolg benötigt wird. In einer herausfordernden Geschäftstätigkeit oder intensiv kreativen Arbeit kann ein Mensch mit einem romantischen Liebespartner oft höhere Erfolgs- und Glücksebenen erreichen, wenn er wenige oder keine anderen Freunde hat. Im übrigen können Freundschaften Irrtümern unterliegen, die zu Verantwortungen und Belastungen werden, welche die Produktivität und das Glück eines Menschen beeinträchtigen.
Abstrakte Werte einer Freundschaft sind gegen greifbare, materielle Werte normalerweise nicht umsetzbar. Gleicherweise können greifbare, materielle Werte nicht gegen abstrakte Werte eingelöst werden. Gelegentlich gibt es aber Ausnahmen. Sie kommen hauptsächlich in romantischen Liebesbeziehungen vor, weil die intensiven physisch-psychischen Wechselbeziehungen dazu angetan sind, gewisse abstrakte Werte und materielle Werte näher aneinanderzurücken. Manchmal können diese Werte in einer romantischen Liebesbeziehung insofern in Zusammenhang stehen, als abstrakte Werte materielle Werte hervorbringen können. Beispielsweise kann sexuelle und emotionale Liebe eines Partners die kreative und produktive Leistungskraft des anderen erhöhen. Gleicherweise können bestimmte greifbare Werte abstrakte Werte erweitern. Kreative und produktive Leistungen des einen Partners können zum Beispiel die emotionale Liebe, sexuelle Angeregtheit und die psychischen Freuden des anderen Partners steigern.
Im allgemeinen wird in einer Freundschaft oder romantischen Liebesbeziehung ein Austausch abstrakter Werte (seien sie gesund, neurotisch oder beides) als selbstverständlich vorausgesetzt und geschieht ganz natürlicherweise. In Freundschaftsbeziehungen besteht ein großer Teil des abstrakten Werteaustausches im Austausch von Gedanken und Anregungen, einer Art müheloser Zwei-Wege-Verständigung, die für beide Teile oft wertvoll ist. Tatsächlich findet solcher Austausch von Gedanken und Anregungen in den meisten guten Gesprächen zwischen Freunden und Liebenden statt. Weitere abstrakte Werte, die zwischen Menschen ausgetauscht werden, die eine gute Liebes- oder Freundschaftsbeziehung zueinander haben, können psychologisch erfreuliche Reflexionen zum Inhalt haben, folgerichtige Ermutigungen (besonders in schwierigen Zeiten), die Spiegelung verschiedener psychologischer Werte, verständigen Widerhall auf Gedanken und Aktivitäten des anderen, den wertvollen Austausch praktischer Gedanken aus der für jeden Menschen einzigartigen Lebenserfahrung.
Manchmal können abstrakte Werte eines Freundes oder Liebespartners auf nützliche Weise in das persönliche Leben eines Menschen einbezogen werden und dadurch Bewußtheit, Produktivität und Glück steigern. Im allgemeinen werden abstrakte Werte freimütig dargebracht, ohne daß an materielle oder greifbare Entlohnung gedacht oder eine solche erwartet wird. In einer Liebes- oder Freundschaftsbeziehung hat keiner das Verlangen, diesen nützlichen Austausch abstrakter Werte zu wiegen oder messen, denn dieser Austausch wird freimütig gegeben und genommen, als zu erwartender Bestandteil einer jeden guten Beziehung.
Deshalb können abstrakte Werte nicht zur Bezahlung materieller Werte benutzt werden. Denn materielle Werte müssen stets fair gehandelt werden. Materielle Werte verkörpern unersetzliche Abschnitte des Lebens eines Menschen, seiner Anstrengung und Zeit, die er aufwendet. diese Werte zu erlangen. Jeder produktive Mensch muß seine hergestellten und verdienten Werte handeln (nicht weggeben), damit er leben, wachsen und glücklich sein kann. Wenn greifbare, materielle Werte nicht gegenseitig und fair[ 79 ] gehandelt werden, wird ein Teil des Lebens eines Menschen einem anderen Menschen geopfert, zu Lasten des Glückes beider und ihrer Beziehung zueinander (siehe "Zwei Briefe über Freundschaft und Liebe", 5. 379-389 NTRE).
Wer das Wesen von Freundschaft und romantischer Liebe mißversteht, mag versuchen, abstrakte Werte als Gegenleistung für materielle Werte zu benutzen. Wer dies tut, beutet seine Freundschaft- oder Liebesbeziehung aber aus. Solche Menschen ziehen ungerechterweise materielle Werte von anderen für das "Privileg" ab, sich in ihrer Gegenwart zu befinden. Sie erachten ihre abstrakten Werte einseitig als Bezahlung für greifbare, materielle Werte. Abgesehen davon, daß diese Art von Ausbeutung ungerecht und schmarotzerisch ist, vergiftet sie die Beziehung bis zum Ersterben.
Wichtiger ist noch, daß gewohnheitsmäßiges Einhandeln materieller gegen abstrakte Werte die Fähigkeit eines Menschen verringert, materielle Werte zu erzeugen und zu liefern. Solche Art Handel macht einen Menschen zunehmend unkompetent und hinsichtlich greifbarer, materieller Werte von anderen abhängig. - Das Potential für Freundschaft, romantische Liebe und Glück ist unter unabhängigen, sich selbst tragenden Männern und Frauen am größten, die in jeder ihrer Beziehungen in fairer Weise greifbare, materielle Werte handeln.
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[ 77 ] Eine Freundschaft und jede menschliche Beziehung verändert sich unwiderruflich. sobald sexuelle Beziehung hinzukommt. Eine sexuelle Beziehung zu haben, ist aber nicht das Gleiche, wie eine romantische Liebesbeziehung zu haben. Romantische Liebesbeziehungen müssen jedoch von Natur aus auch Sex beinhalten.
[ 78 ] Wertvolle familiäre Beziehungen entwickeln sich ebenfalls aus einer Grundlage der Freundschaft heraus.
[ 79 ] Fair gehandelte, materiell greifbare Werte besagt nicht notwendigerweise gleichwertige gehandelte materiell greifbare Werte.
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